Ich verstehe es nicht, nein, ich verstehe es überhaupt nicht: Die Auszeichnungen für den Kinofilm "Ewige Jugend" von Paolo Sorrentino mit Michael Caine und Harvey Keitel in den Hauptrollen. Der Film wurde als bester Europäischer Film ausgezeichnet, Sorrentino als bester europäischer Regisseur und Michael Caine als bester Hauptdarsteller.

 
Michael Caine wurde beim Europäischen Filmpreis als bester europäischer Hauptdarsteller ausgezeichnet. (Foto: Reuters)

Nach dem Filmstart wurde ich von vielen Seiten gefragt, wie ich den Film denn finden würde. Natürlich weiß mein Umfeld, dass ich mich beruflich mit dem Thema "Alter, Älterwerden und Hochaltrigkeit" hinsichtlich ganz unterschiedlicher Aspekte befasse. Leider hatte ich nur keinerlei Zeit, den Film anzusehen, da ich gerade die Kinoversion von "Ü100" herstellte. Als ich dann zum x-ten Male mit den Worten: "Dagmar, also jetzt wollte ich dich unbedingt fragen, wie du den Film findest!", da entschloss ich mich, an meinem ersten und einzigen freien Abend nach München ins Kino zu fahren. Was dann folgte, ärgerte mich sehr. Worum geht es in dem Film? Zwei ältere oder auch alte Männer treffen sich einmal im Jahr in einem Wellnesshotel mitten in den Schweizer Alpen. Dort erzählen sich die uralten Freunde immer nur die positiven Ereignisse aus ihrem Leben. Natürlich sind auch noch viele andere ältere Urlauber in dem Hotel, die in ihrer "Menge" sehr artifiziell entweder auf dem Weg zum Wellnessbereich, nackt in der Sauna oder im Schwimmbad in Szene gesetzt werden. (Bitte drücken Sie jetzt auf Weiterlesen…)

Harvey Keitel arbeitet mir einer Crew aus jungen Autoren an seinem letzten Drehbuch mit einer besonderen Message, die aber niemand produzieren will - wie sich am Ende herausstellt. Und Michael Caine soll noch einmal ein letztes Mal vor der Queen zu Ehren von Prinz Philips Geburtstag dirigieren, was er zum Ärger seiner Tochter, die auch seine Managerin ist, ablehnt. Diese wurde übrigens gerade von ihrem Ehemann wegen einer Billigversion verlassen, das nur nebenbei. Am Ende dirigiert Michel Caine schließlich doch. Und er besucht am Ende noch zum ersten Mal nach zehn Jahren seine schwerkranke, geistig völlig weggetretene -wohl demenzkranke Ehefrau in Venedig. Dann spricht er mit ihr über ihre Ehe, und dass niemand weiss, wie sehr die beiden trotz seiner Seitensprünge verbunden waren und es noch immer sind. Irgendwie. Und das soll aber niemand erfahren. Man dachte eigentlich, die Ehefrau sei tot.
Kurzum: Ich finde nicht, dass man das Alter streng naturalistisch darstellen muss, aber das war nun wirklich Pillepalle. Tut mir leid. Wenn man dabei nicht Harvey Keitel und Michael Caine zugesehen hätte, wäre ich wutschnaubend aus dem Kino gerannt.
Ach ja - zum Plakat, die schöne nackte Frau: Sie hatte ungefähr drei Minuten im Film, in denen die beiden fassungslos die Schöne anstarren durften. Zum Thema Sex sonst noch:  Michael Caine ist mit einer Prostituierten zusammen, als Bild gibt es dazu nur den nackten (mutig!!!) Michael Caine von vorne, während sich die Prostituierte anzieht und das Hotelzimmer verlässt. Sexszenen blieben uns zum Glück erspart. Während sich sein Freund Harvey Keitel zwar auch endlich nach langem Hin und Her zum Besuch bei der Dame entschied, dann aber lieber nur mit ihr Spazieren gehen wollte. Auch gut.

Sie merken schon, ich lasse kein gutes Haar am Film. Viele Besucher reagierten eben sehr ambivalent und wussten nicht, wie sie den Film finden sollten. Darum haben sie wohl alle mich gefragt. Ich denke: Einen guten Film identifiziert man sofort. Wenn man lange darüber nachdenken muss - naja, das ist dann wohl etwas schief gelaufen. Egal.
Die Geschmäcker sind verschieden und die Entscheidung der Jury ist für mich nicht nachvollziehbar.
Wie denken Sie über den Film?
Schreiben Sie mir doch einfach!
Und gehen Sie weiter ins Kino!
Sehr sehr herzlich
Ihre Dagmar Wagner