Rein zufällig habe ich gestern die Sendung FAKT in der ARD gesehen. Als erster Beitrag wurde der Film "Stille Triage in Pflegeheimen?" gezeigt. Zum Glück mit einem Fragezeichen versehen - wohl zur Absicherung. Und das ist auch angebracht. Hier der Link zum Beitrag!
Hier die Fakten von FAKT:
Intensivbetten in der BRD sind bis zu 86% belegt. Eine gefürchtete Triage findet in den Krankenhäusern also noch nicht statt. Dafür aber in den Pflegeheimen? Eine ungeheuerliche Anschuldigung des Autors.
Seine erste Frage an eine Heimbewohnerin: "Würden Sie sich im Falle einer Coviderkrankung denn beatmen lassen wollen?"
Die Dame sagt: Sie wüßte es nicht. Jetzt würde Sie denken, ein schnelles Ende sei besser. Aber wenn es so weit kommen sollte, entscheidet sie eventuell anders.
Der Autor spricht im folgenden Kommentar: Die Frage wäre, ob die Bewohner von Pflegeheimen überhaupt eine Wahl hätten. Denn Pflegeheimbewohner kämen nur noch selten auf die Intensivstation.
Angeregt zum Filmbeitrag wurde der Autor wohl von der Grünen Abgeordneten im Bundestag Corinna Rüffer : Sie meint, es gäbe eine stille Triage in der Pflegeheimen. Nicht alle, die intensivmedizinische Behandlung benötigten, würden diese auch erhalten:
"Es klafft einfach eine Lücke, zwischen den Personen, die auf der Intensivstation verstorben sind, das ist ein geringer Anteil, und dem sehr großen Anteil, der vor allem in Pflegeheimen verstorben ist. Und da muss man sich die Frage stellen, woran liegt das?"
Ja das wäre allerdings angebracht, doch das haben weder Rüffer noch der Autor getan.
Die Frage stellt sich auch die Stiftung Patientenschutz Eugen Brysch: Eine adäquate stationäre Versorgung wird eventuell einer sehr großen Zahl von Covid19 Patienten in Pflegeheimen versagt. Er meint, es könnte eine Auswahl in Pflegeheimen stattfinden: Wer kommt noch ins Krankenhaus und wer nicht!
Das ist natürlich auch eine schwerwiegende Anschuldigung.
Und auch Karl Lauterbach, SPD Gesundheitsexperte, fragt sich das: Pflegeheimbewohner kommen kaum auf die Intensivstation sondern sterben in der Pflegeheimen. Warum?
Er gibt endlich eine Antwort: Während der ersten Welle hat man bei Pflegeheimbewohnern, die auf Intensivstation kamen, beobachtet, dass diese die Beatmung nicht überlebt haben. Und die, die es überlebten, bekamen einen schweren Demenzschub. Die Prognose sei also sehr schlecht, darum wünschen viele Angehörige und auch die Erkrankten selber nicht den Weg auf die Intensivstation. Außerdem würde das oft in den Patientenverfügungen stehen.
Der Autor folgert daraus: Es hat also medizinische Gründe. Nur, dass schon im Heim entschieden wurde: Wir versuchen es erst gar nicht. Er wiederholt seine Anschuldigung.
Oder doch nicht: Eventuell hätten viele Heimbewohner nach der ersten Welle entschieden, sich nicht beatmen zu lassen.
Das könnte eine Erklärung sein. Aber der Autor läßt nicht locker:
2/3 der Coronatoten verstarben außerhalb der Intensivstation. Der Autor fragt kritisch: Haben die Heimbewohner das wirklich alle selbst entschieden.
Die Grünen Abgeordnete Corinna Rüffer glaubt das nicht. Sie hat gehört, dass Angehörigen wie auch Betroffenen oft gesagt würde, die alte Person hätte wenig Chancen zu überleben. Sie würde einer jüngeren Person den Platz auf der Intensivstation wegnehmen.
"Das ist so ein Narrativ, das mir sehr häufig gespiegelt worden ist!", so sagt sie.
Frage: Was bedeutet "sehr häufig"?
Patienten wie Angehörige sind einer Drucksituation ausgesetzt. Altenheimbetreiber, Angehörige und Ärzte würden die Entscheidung für die Erkrankten treffen, so Eugen Brysch. Er ist nicht sicher, ob das nicht auch System hat. Ein schleichendes System könnte das sein oder werden, und sei gefährlich für die älteren Menschen. Er fordert eine gesetzliche Regelung für die Triage. So auch Corinna Rüffer.
Sie meint: Jedem soll klargemacht werden, dass jeder den Zugang zur Intensivmedizin bekommt.
Natürlich, das ist doch klar.
Der Autor Andreas Rummel wiederholt am Ende des Beitrags nochmals: 2/3 der Coronatoten kamen nicht auf die Intensivstation, es gäbe Aufklärungsbedarf.
Und hier nun Fakten für Sie:
Je älter wir werden, umso weniger leistungsfähig ist unsere Lunge.
Die Lungenkapazität sinkt auf 60% und das bei einer gesunden älteren Person.
Bewohner in einem Pflegeheim haben eine noch geringere Lungenkapazität, da sie in der Regel unter mehreren Erkrankungen leiden - sonst würden sie nicht in einem Pflegeheim leben.
Die Leistungsfähigkeit ihrer Lunge ist also viel noch eingeschränkter: Tatsächlich also ist es völlig richtig, was Karl Lauterbach sagt, dass die Pflegeheimbewohner die künstliche Beatmung nicht überlebt hätten oder schwere demenzielle Schübe danach erfahren hätten.
Und jetzt frage ich Sie: Warum wird das nicht ordentlich erklärt?
Weil die Geschichte dann weniger sensationell klingt?
Fazit: Für eine gute "investigative Geschichte" nimmt der Autor doch lieber ein weiteres Negativimage der Pflegeheime in Kauf!
Ich finde das sehr sehr ärgerlich!