Als ich vor fünf Jahren mit meiner biografischen Arbeit begann, war das noch anders: Gab ich damals den Suchbegriff „Biografisches Arbeiten“ bei Amazon ein, wurden mir nur einige Titel zum Thema angezeigt. Heute kann ich mir die geballte Fach- und Übungsliteratur gar nicht mehr alle durchlesen, so viele Titel wurden inzwischen aufgelegt. Auch viel mehr Schreib- oder Biografieseminare - neuerdings auch von Psychologen - stehen zur Auswahl. Hier für Sie ein kleiner Überblick, was heute unter dem Namen „Biografisches Arbeiten“ alles angeboten wird:
1. Bildkarten
Diese Methode soll Ihre Erinnerungen wecken: Bestimmte, standardisierte Abbildungen auf Karten werfen Fragen auf. Ein Hochzeitspaar erinnert an das eigene Eheglück oder auch Unglück. Diese Methode wird häufig und vorwiegend in der Seniorenarbeit eingesetzt. Sie ist die einfachste Art, einmal über sein Leben nachzudenken, und wer will, schreibt seine Gedanken dazu auf. Ein leicht gemachter, prima Einstieg ins biografische Arbeiten.
2. Erinnerungsbuch oder Erinnerungsalbum
Manche Bücher bieten die Möglichkeit, anhand vorgegebener Fragen seine eigene Biografie zu erstellen, in dem man die Antworten handschriftlich einfach hineinschreibt. Nach getaner Arbeit überreichen Sie das ausgefüllte Buch in der Regel der Person, die es Ihnen „leer“ geschenkt hat - meistens sind das die eigenen Kinder oder Verwandte. Dies ist die am wenigsten aufwendige und kostengünstigste Variante für eine eigene Biografie. So haben Sie sich zu einzelnen Themen aus Ihrem Leben Gedanken gemacht. Allerdings sind die Fragen nicht individuell auf Sie zugeschnitten und Sie haben kein Gegenüber zum Austausch! Es handelt sich außerdem um standardisierte Vorgaben und Fragen, könnte aber ein Anstoß sein, die biografische Arbeit danach vielleicht intensiver und individuell anzupacken, um den begonnenen Prozess weiter zu vertiefen.
3. Wochenendseminare mit Psychologen
Zunehmend lese ich über Angebote von Psychologen, sich ein Wochenende lang oder auch über mehrere auf´s Jahr verteilte Tage seiner eigenen Lebensgeschichte zu widmen. Da ich bislang bei keinem dieser Kurse anwesend war, kann ich Ihnen dazu keine weiteren Details verraten. Ich bin aber überrascht, wie sehr diese Angebote in den letzten zwei Jahren zugenommen haben. Ob diese dann auch allerdings von Teilnehmern angenommen werden, das weiß ich nicht. Über den Unterschied von Therapie und der biografischen Arbeit, die ich für meine Klienten leiste, schreibe ich Kürze einen eigenen Blogbeitrag! Wer zielgerichtet etwas aus seinem Leben aufarbeiten möchte mit einem konkreten „therapeutischen“ Effekt ist bei den Psychologen sicherlich gut aufgehoben. Ob sich das dann einstellen wird, was Sie sich wünschen, das kann Ihnen aber auch hier niemand garantieren.
4. Fachliteratur für die Biografiearbeit in der Seniorenarbeit
Der demografische Wandel und unsere immer älter werdende Gesellschaft zeigen erste Spuren: Mehr und mehr Fachliteratur für die biografische Arbeit mit Senioren auch bei Demenzerkrankung findet sich im Bücherregal. Hier schreiben berufserfahrene Praktiker über ihre Erlebnisse, und welche Arbeitsweise ihrer Meinung am besten funktioniert, um älteren Menschen bei ihrer biografischen Arbeit zu unterstützen. Oft geht es dabei darum, wie Erinnerungen wieder geweckt werden können.
5.Schreibratgeber in Buchform
Wer seine Biografie selber schreiben will aber nicht weiß wie, der findet auch viele Buchtitel zu diesem Thema, die Sie anleiten und anregen wollen, endlich mit dem Schreiben zu starten. Ich möchte keineswegs den Inhalt dieser Bücher in Frage stellen, und denke, dass diese sicherlich interessante und gute Tipps als Hilfe bieten. Generell aber glaube ich nicht, dass man es alleine nur mit Hilfe eines Buches schafft, seine Biografie zu schreiben: Menschen, die sich mit dem Schreiben schwer tun, brauchen eine persönliche Anleitung und oft auch eine Gruppe von Gleichgesinnten. Ich bin sicher, viele dieser Schreibratgeber sind nützlich - aber ob man dann aus eigener Kraft mit dem Schreiben beginnt, da habe ich so meine Zweifel - und spreche hierbei aus Erfahrung!
6. Online-Schreibkurse
Hier erhalten Sie in bestimmten zeitlichen Abständen auch wieder standardisierte - also nicht individuell auf Sie zugeschnittene Fragen und Themen, die Sie innerhalb eines bestimmten Zeitraumes bearbeiten können oder sollen. Manche dieser Kurse gehen über ein Jahr, andere können kürzer sein. Manchmal ist eine telefonische Betreuung inbegriffen.
7. Schreibkurse mit Gleichgesinnten und einem Profi als Lehrer
In Schreibkursen treffen Sie auf Gleichgesinnte und können erleben, dass Sie mit Ihren Geschichten Interesse und Freude wecken können. Von einer Leiterin gut geführt, werden Sie auch kritische Aspekte gut verkraften und am Schluss gestärkt, selbstbewusst und hoch motiviert an Ihrer eigenen Privatbiografie weiter arbeiten. Die Atmosphäre in diesen Kursen ist meist menschlich und vertrauensvoll. Manche Teilnehmer halten auch danach noch Kontakt und unterstützen sich gegenseitig weiter! Besser geht es nicht. Trauen Sie sich! (Schreibkurse biete auch ich an!)
8. Vorträge zum Thema „Biografisches Arbeiten“ ohne praktische Übungen aber mit Schreibtipps!
Diese Art von Vortrag biete ich gerne an. Hier erfahren Sie erst einmal ganz allgemein etwas über biografisches Arbeiten und gute praktische Tipps gibt es auch noch dazu. Für Einsteiger und Interessierte, die nicht gleich ein Schreibseminar buchen wollen, ist das ein idealer Start, denn nicht jeder möchte sich gleich in eine Schreibgruppe stürzen und sich mit seiner Kunst einer Gruppe anvertrauen.
9. Anthroposophische Biografiearbeit
Die Anthroposophen sind sehr aktiv, was das biografische Arbeiten betrifft. Sie haben eine eigene Vereinigung mit eigener Webseite und gehen das Thema sicherlich anders an, als ich das tue. Sollten Sie also während Ihrer Internetrecherche auf derartige Angebote stoßen, wundern Sie sich nicht, wenn Sie sprachlich und inhaltlich nicht alles verstehen. Das geht mir nämlich ganz genau so. Anthroposophische Biografen werden anders ausgebildet, da deren Arbeit vor einem anderen spirituellen und inhaltlichen Hintergrund geschieht. Und diese Aussage von mir möchte ich als absolut wertfrei verstanden wissen! Für manche passt es, für andere nicht. Respekt gebührt jedem, der nicht ein Dogma sondern seine Klienten in den Vordergrund stellt.
FAZIT:
Viele Ratgeber, Erinnerungsbücher, Bildkarten oder auch das Online Angebot bieten standardisierte Fragen zur eigenen Biografie. Sie als Kunde sind bei der Arbeit alleine, das ist weniger inspirierend und weniger produktiv (bei den meisten jedenfalls), weil kein Austausch möglich ist.
Aber: Bevor Sie überhaupt nicht beginnen mit Ihrer Biografie oder sich keine eigene Biografin leisten können, ist all das besser als gar nichts - finde ich. Und es kann immer etwas daraus entstehen und weiter wachsen! Manchmal hilft es dann später auch, eine Biografin als Schreibbegleitung hinzuzuziehen! In dem Fall wird die Biografin nur nach ihrem Zeiteinsatz auf Stundenbasis bezahlt, aber Sie haben immer jemanden zur Unterstützung parat!
Ich bitte um Verständnis, dass ich betreffend der einzelnen Möglichkeiten keine konkreten Empfehlungen aussprechen kann, da ich - wie bereits geschrieben - nicht das ganze Spektrum persönlich kenne.
Eines scheint aber deutlich: Der Stellenwert der Biografiearbeit nimmt zu.
Und los geht´s!
Herzlichst
Ihre Dagmar Wagner