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    Willkommen auf meinem BLOG bei älterwerden.net!

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    Herzlichst Ihre Dagmar Wagner

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Meine pflegebedürftigen Eltern: Erlebnisberichte aus Sicht einer Gerontologin als 7-teilige Blogreihe mit Tipps, worauf Sie z.B. achten sollten! Heute: Wie schwer es ist, eine endgültige Diagnose zu erhalten!

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Gleich vorweg:

Das hohe Alter ist in der Breite etwas NEUES für unsere Gesellschaft, die darauf weder medizinisch noch pflegerisch noch in den gesellschaftlichen Strukturen eingestellt ist. Wir lernen gerade alle dazu! Darum hilft böse Kritik nicht weiter: Austausch und Miteinander ist gefragt. (Ich weiß, der aktuelle Zeitgeist geht anders!) Die Babyboomer sind die erste Generation, die in der Breite in den Genuss der vielen dazu gewonnenen „gesunden" Lebensjahre kommt. Und sie sehen gerade ihren Eltern beim HOHEN ALTER zu. Das „kann" auch erschreckend und sehr belastend sein. Ist es aber nicht immer. Und auch das ist zu Beginn erwähnenswert: 12 Milliarden Euro der Pflegeleistungen werden - wahrscheinlich auch wegen Unkenntnis und mangelnder Beratung - nicht abgerufen! Das Geld liegt rum und verfällt.

Nun zu meiner Situation:

Niemand konnte sich das jemals vorstellen: Dass meine jetzt 87jährigen Eltern jemals zum Pflegefall werden. Ihr Leben lang waren Sie gesünder als ihre drei Kinder, fit und aktiv, geradezu „gespenstisch" gesund. Niemals waren sie krank, topfit sind sie durch das „3. ALTER" zwischen 65-80 Jahren gekommen. Das sind unsere vielen „neu dazu gewonnenen, oft noch sehr gesunden Jahre" im Alter. Aber im 4. ALTER entscheidet es sich: nämlich zwischen dem 80. und 85. Lebensjahr, dann tauchen vermehrt Alterskrankheiten auf wie Demenz, Stürze etc. Wer durch diese Jahre ohne nennenswerte Erkrankungen „durchkommt", hat in der Regel gute Chancen, sich auf ein ziemlich gesundes hohes Alter freuen zu dürfen. Das war bei meinen Eltern leider nicht der Fall: Ab dem 83. Lebensjahr entwickelte mein Vater eine vaskuläre Demenz und meine Mutter wurde zur „ausgeprägten" Sturzpatientin. Ihre Geschichte liest sich wie die Kopie der Forschungsergebnisse aus Geriatrie und Gerontologie.

Mein Gerontologiestudium hatte einen starken medizinischen Schwerpunkt - Geriatrie. Ich durfte vieles lernen, das war sicherlich hilfreich, aber als Betroffene sieht die Welt nochmal anders aus. Seit 2 Jahren kämpfe ich mich nun durch Krankenhäuser, Hausarztpraxen, Internisten, Neurologen und Notaufnahmestellen. Meine Erlebnisse möchte ich hier in einer kleinen Reihe weitergeben:

  1. Diagnose: Wie schwer es ist, eine endgültige Diagnose zu erhalten!
  2. Medizinische Behandlung: Notärzte, Notaufnahme und Ärzte ohne geriatrische Kenntnisse. Psychiater/Psychotherapeuten fehlen. Polypharmazie - zuviel Medikamente gleichzeitig als mögliche Gefahr.
  3. Beratung zu Pflege und Gelder aus der Pflegekasse und zum Pflegegrad! Wer kann Sie am Besten aufklären? Ans Herz gelegt: meine Empfehlung!
  4. Pflegegrad: Der Medizinische Dienst (MD) kommt. Was, wenn Sie mit der Einstufung zum Pflegegrad nicht einverstanden sind?
  5. Welche Pflege ist wirklich nötig: ein täglicher Pflegedienst, eine 24Std. Betreuung Zuhause oder Unterbringung in einem Pflegeheim?
  6. Betreuung beantragen beim Amtsgericht: Ein schlechtes Gewissen hilft nicht weiter sondern nur schnelles Handeln! Vor allem, wenn es keine Patientenverfügung gibt.
  7. Belastungssituation für die Familie und das soziale Umfeld: Spannungen über Zuständigkeiten und Erwartungshaltungen der zu Betreuenden, und wie die Freunde reagieren.

Diagnose: Wie schwer es ist, eine endgültige Diagnose zu erhalten!

Eine endgültige Diagnose bei Demenzerkrankungen zu erhalten kann bis zu 2-3 Jahre dauern. Nicht jede Demenzerkrkankung ist abbildbar mit einem MRT. Demenztests wie MMST und DEMTECT werden von Neurologen aber selten vom Hausarzt durchgeführt. Eine Alzheimerdemenz unterschieidet sich in den Symptomen erheblich von einer vaskulären Demenz, die viel seltener auftritt (circa 30%). Vaskuläre Demenzen zeigen sich frühzeitig durch Verhaltensveränderungen und zeitverzögerter durch geistige Leistungseinbußen (Umgang mit Zahlen etc.). Oft geht eine Depression voraus, das macht das Ganze noch schlimmer. Mein Vater weinte viel, war regelrecht verzweifelt. Natürlich kann eine Depression beim Psychiater - auch mit einem Test - und einem Gespräch abgeklärt werden. Denn das sollten Sie wissen: Heute sind Depressionen medikamentös sehr gut in den Griff zu kriegen!

Bei Verhaltensauffälligkeiten denkt die Familie meistens zuerst:

„Ach der war schon immer so - meckrig, jammernd, negativ, unfreundlich, misstrauisch, Wahnvorstellungen leichterer Art! Jetzt wird's im Alter halt schlimmer."

Leider ist es meistens nicht nur das Alter sondern eine Demenz!

Und obwohl ich das während meines Gerontologiestudiums lernte, dauerte es dann noch insgesamt 4 Jahre, bis es eine klare Diagnose gab. Ein Alptraum für jede Familie, weil man so unsicher ist: "Ist er nur einfach böse oder auch krank?" Eine eindeutige Diagnose zeigt sich so:

  1. Im MRT sind Veränderungen im Gehirn zu sehen! Aber auch hier gilt: Es gibt Patient:innen, die mir einer deutlichen Bildgebung keinerlei Symptome, keine geistigen Einschränkungen aufweisen! Das sind Menschen, denen die Krankheit DEMENZ offensichtlich "nichts anhaben" kann. Das hat sich z.B. besonders bei Menschen gezeigt, die bis ins hohe Alter immer geistig sehr rege waren und eine sehr positive Haltung zu ihrem eigenen Altern hatten! Denn: Demenz ist erst ab 80 Jahren ein Thema. 40% der über 90jährigen haben einen Demenz.
  2. Die Demenzstests DEMTECT oder MMST sind im Ergebnis eindeutig. Eigentlich, denn eine schwere Depression führt auch zu kognitiven Verlusten, von denen man sich später wieder erholen kann, wenn die Depression vorüber ist oder behandelt wird. Das habe ich bei meiner Mutter vor vielen Jahren erlebt, als sie sich aufopfernd um ihre schwer kranke beste Freundin kümmerte und dabei selber verkümmerte. Der DEMTECT war im Graubereich. Die Freundin wurde gesund und meine Mutter hat heute Spitzenwerte im DEMTECT.


Zu den Demenztests:

Während meines Studiums habe ich mich für die Durchführung dieser Demenztests qualifiziert, und führe diese nun auch auf privater Basis durch. Grundsätzlich gehen diese Test aber nicht so einfach nach dem Motto: „Ich mach jetzt mal ´nen Test." Diese Tests müssen auf eine bestimmte Weise durchgeführt werden, da müssen vorher Fragen gestellt werden wie z.B.:

„Haben Sie gut geschlafen, Ihre Medikamente genommen und welche, gefrühstückt, wie fühlen Sie sich etc...?"

Und es muss in angenehmer, ruhiger, vertrauensvoller Atmosphäre stattfinden, denn unter Stress (Angst) wird das Ergebnis nicht aussagekräftig, weil Stress unsere Gedächtnisleistung erheblich verschlechtert - wie viele von Ihnen sicher selber z.B. noch aus der Schulzeit erinnern.

Aber wie bringen Sie Ihre Angehörigen zum Test? Wie sprechen Sie das Thema DEMENZ an - vor allem bei sehr dominanten Persönlichkeiten?

Am Besten buchen Sie den Test bei einem Neurologenbesuch gleichzeitig mit und kündigen dies dem Patienten nicht an. Sonst gibt es vorher schon große Aufregung oder auch Ablehnung. (Ja man kann hier ethisch absolut anderer Meinung sein, weil ich über den Kopf des Patienten entschied. Ich wusste einfach nicht mehr weiter. Wir brauchten dringend Klarheit Zuhause, weil die emotionalen Aus- und Zusammenbrüche nicht länger auszuhalten waren.) In der Regel wird der Test zum Untersuchungstermin, also am selben Tag, vorher in der Praxis durchgeführt. Und Sie müssen sich einfach darauf verlassen, dass das gut gemacht wird.

Der MMST ist der Test, der eher Alzheimerdemenz anzeigt. Sollten die Ergebnisse des MMST noch gut sein, die Ergebnisse des DEMTECT aber kritisch, dann deutet das eher auf eine vaskuläre Demenz hin.

Danach folgt der Arztbesuch, der das Testergebnis nun zur weiteren Untersuchung vorliegen hat. Ein Familienmitglied muss unbedingt anwesend sein. Nun liegt der Ball beim Arzt. Ich habe erlebt und gehört, dass Ärzte das Wort Demenz erst nicht aussprechen, sondern von geistigen Einschränkungen sprechen, weil sie sich selber fürchten, die Diagnose DEMENZ direkt auszusprechen, vor allem, wenn es nicht 100ig sicher ist. Man weiß ja nie, welche Gefühslreaktionen unmittelbar darauf folgen. Aber selbst wenn sie das tun, tun die Patienten danach so, als ob sie es nicht gehört hätten: „Hat die doch gar nicht gesagt!" Das ist alles menschlich, denn es ist eine Angst machende Diagnose. Also arbeitet man sprachlich auch Zuhause weiter mit Sätzen wie:

„Du hast ja gemerkt, dass dir ….das oder jenes… etwas schwerer fällt als früher?"

Und nun zu den Ärzten, egal ob Hausärzte oder Fachärzte: Ärzte haben Erfahrungs- und Praxiswissen auch und besonders mit alten und hochaltrigen Menschen. Aber nur sehr sehr wenige verfügen über eine geriatrische Ausbildung, und zwar nur deshalb, weil es die Fachrichtung GERIATRIE noch gar nicht soooooo lange gibt. Wie ich anfangs sagte: Das hohe Alter ist für alle Bereiche NEU. (In den USA sind sie erheblich weiter als in der BRD.) Diagnosen bei älteren/hochaltrigen Menschen zu stellen - das ist manchmal extrem schwer. Krankheiten zeigen sich anders, Krankheitsverläufe sehen anders aus. Wer mehr dazu lernen möchte, liest das Buch von Dr. Lucy Pollock (hier geht's zu meinem Blogbeitrag zum Buch) DAS BUCH ÜBER DAS ÄLTERWERDEN.

Mein Tipp:

Suchen nach einem Geriater oder einer Geriatrin, oder nach Krankenhäusern mit einer „Station Geriatrie", wo evtl. auch ambulante Termine möglich sind. Übrigens die beste Region ist die Nürnberger Region! Kein Wunder - dort gibt es den Studiengang GERONTOLOGIE. Am Insitut für Psychogerontologie können Sie einen Termin vereinbaren: 

BegA Beratung für gesundes Altern. Ihre Anlaufstelle bei allen Fragen und Problemen im Alternsproze.

oder SEGA e.V.  Verein zur Förderung der seelischen Gesundheit im Alter.

Auch wenn der Anfahrtsweg etwas weiter ist - es lohnt sich, Sie finden dort Top Spezialisten! Ich hab ja selber dort studiert!

Und noch etwas: Man kann auch mit Demenz noch eine ganze Weile ein gutes Leben führen!


Und nun zu einem anderen, sehr verbreiteten Thema: Stürze!

Meine Mutter ist seit Jahren Sturzpatientin. Anfangs denkt man noch: „Ach Hinfallen tut doch jeder Mal im höheren Alter." Oder „Blöd gelaufen! Lag halt was rum!"Und dann wiederholt es sich. Und NEIN: Wiederholte Stürze im Alter sind NICHT NORMAL, passieren dennoch häufig.

In der Regel wird zuerst die Herztätigkeit auf Synkopen untersucht, auf kurze Bewusstseinseintrübungen. Und wenn das Herz in Ordnung, aber die Mutter immer noch wackelig ist? Dann wird zusätzlich auch auf Parkinson untersucht. Parkinson ist auch schwer zu diagnostizieren in der Anfangszeit, diese Diagnose kann Jahre dauern. Meine Mutter hat bis heute nach 4 Jahren keine eindeutige Diagnose zur Ursache Ihrer Stürze. Das ist einfach so. Bitter.

Allerdings ist es möglich, sein persönliches Sturzrisiko „messen" zu lassen! Also: Jede(r), der mehrmals unerklärt „gestürzt" ist, sollte das tun.

Allerdings sind diese Stellen auch wiederum rar gesät.

Zum Schluss:

Wir müssen uns im hohen Alter von dem Gedanken verabschieden, alles unter Kontrolle haben und erklären zu können. Und wir können diese Kontrolle noch diese Erklärungen auch nicht von unseren Ärzten einfordern. Ich höre immer wieder: „Es muss doch einen Grund dafür geben!" Ja vielleicht, und dann auch nicht. Vielleicht sind wir medizinisch noch nicht so weit: Das hohe „unbekannte" Alter, obwohl wir schon sehr viel weiter gekommen sind.

Gehen Sie davon aus, dass Ihre Ärzte sich wirklich nach bestem Wissen und Gewissen bemühen. Gehen Sie aber auch davon aus, dass die Geriatrie (Altersmedizin) noch in den Kinderschuhen steckt, vor allem auch, was die Anzahl der spezialisierten Ärzte betrifft. Wir haben kaum Fachärzte dafür.

Falls es für Sie erreichbar einen Geriater oder eine Geriatrie Station im Krankenhaus gibt - wenden Sie sich unbedingt dorthin!

Im nächsten Blogbeitrag geht es um dieses Thema:

 Medizinische Behandlung: Notärzte, Notaufnahmen, Krankenhäuser oft ohne geriatrische Kenntnisse, Psychiater fehlen. Polypharmazie - zuviel Medikamente gleichzeitig als Gefahr.

Eine Bitte: Schreiben Sie mir zu Ihren persönlichen Erfahrungen und geben Sie Ihre Tipps! Das hier ist nur mein bescheidener Erfahrungsschatz!


Mein erster Kinofilm auf YouTube: "Das Ei ist eine...
Nicht versäumen, wenn´s irgend geht: 18. SEGA-Fach...
 

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